Markus Brenner

„Vielleicht muss man ja lustvoll die Oberfläche feiern, um etwas über die Tiefe zu erfahren?“

Oben Schwimmen – Neue Kunstausstellung

Beginn: Samstag, 1. April 2017, 19:00 Uhr
Ort: Rheinstrandbad Konstanz

Die Gesellschaft driftet auseinander, Debatten werden von Halbwahrheiten und Vorurteilen geprägt. Wer wissen will, wie das alles angefangen hat, findet auch Antworten in den Arbeiten des Konstanzer Künstlers Markus Brenner. Seine Fische sind nicht nur schöner Schein. Sie sezieren die Gesellschaft – und uns selbst. Ab dem 1. April 2017 zeigt Brenner neue Werke im Großformat im Konstanzer Rheinstrandbad.

Das mit den Fischen ist am Anfang eigentlich über Umwege entstanden. Der Konstanzer Künstler Markus Brenner (53) suchte für eine Ausstellung im Kunstraum Kreuzlingen im Jahr 2002 nach einem passenden Thema. „Ich hatte viele verschiedene Ideen im Kopf, aber ich suchte nach etwas Besonderem“, sagt Brenner heute. Dann erinnerte er sich daran, dass Forellen oft als lebender Nachweis von Trinkwasserqualität benutzt werden und sie in Chlorwasser binnen Minuten qualvoll verenden. Der Künstler hatte seine Idee gefunden. Nur dass bei ihm aus den Indikatoren für sauberes Trinkwasser, gewissermaßen Seismographen für das gesellschaftliche Überleben wurden. Die Fische in ihren verschiedenen Stoffen sind inzwischen längst zu seinem Markenzeichen geworden. Etliche Arbeiten sind in internationalen Sammlungen vertreten. Alleine die Art Collection der Schweizer Bank UBS verzeichnet 34 von Brenners Fischmodels.

15 Jahre nach dem erstmaligen Auftauchen der Fische, kehrt Markus Brenner mit seinen schuppigen Freunden nun zurück nach Konstanz. Ab dem 1. April 2017 zeigt der 53-Jährige unter dem Titel „Oben schwimmen“ fünf seiner Forellen im Konstanzer Rheinstrandbad. Und das im XXL-Format. Auf acht Meter breiten und drei Meter hohen Leinwänden werden sie sich, zwischen den Dalben befestigt, im Wasser des Seerheins tummeln. Die Installation wird auffallen - sie hat eine Gesamtlänge von 65 Metern. Sie ist sowohl vom Rheinstrandbad als auch vom gegenüberliegenden Rheinsteig oder der Fahrradbrücke sichtbar. In diesem Jahr tragen sie keine Sport-Badeanzüge, sondern echte Luxusware: Stoffe der St. Galler Textilfirma Jakob Schlaepfer. Bis zu 4000 Franken kostet hier schon mal der laufende Meter und übliche Kunden von Schlaepfer sind Nobelmarken wie Louis Vuitton, Marc Jacobs, Vivienne Westwood oder Dior. Bei Markus Brenner tragen nun eben Carmen, Naomi, Fort Knox und Kate diese Stoffe. Das sind die Namen der Fische, die unter anderem in Konstanz gezeigt werden.

Wie immer bei Markus Brenner geht es aber weniger um lustig angezogene Fische, sondern vielmehr um das große Ganze. Darum was passiert, wenn in einer Gesellschaft von Gleichen plötzlich einer herausragt und etwas Besonderes sein will. Die Forellen sind für Brenner da ein perfektes Bild: „Forellen sind eigentlich ein weltbekannter Industriespeisefisch. An ihnen kann man gut studieren, was passiert, wenn Individuen aus der Gleichförmigkeit ausbrechen wollen“, findet der Künstler. Es sind große Fragen, die man anhand seiner Arbeiten diskutieren kann. Machen Kleider wirklich Leute? Und was sagt es eigentlich über uns, wenn wir einem elegant angezogenen Fisch wie Carmen automatisch das Attribut arrogant zuweisen, während das Exemplar „Feinripp“ als bemitleidenswerter Sozialfall eingestuft wird?

Die Entstehung der Fisch-Porträts ist sehr aufwändig. Markus Brenner bezieht seine Forellen vom Reichenauer Fischer Riebel. Der kennt die Lieblingsmaße des Künstlers: 40 Zentimeter lang, 600 Gramm schwer. Der Künstler holt die toten Tiere beim Fischer ab und fährt dann direkt ins Fotostudio. Dort erhalten die Fische ihre auf den Leib geschnittenen Kleider. Die Fotografien entstehen nicht am Computer, Markus Brenner zieht den Tieren die Stoffe wirklich an. Aus fünf Einzelbildern der Fische setzt er am Ende das Ganze zusammen.